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17.09.25
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EU-Entwaldungsverordnung: Warum Unternehmen jetzt handeln müssen

Grübe Bäume
© GettyImages (GettyTim82)

Die Uhr tickt: für den Regenwald und für Europas Unternehmen. Wer wissen will, ob das eigene Unternehmen von der EU-Entwaldungsverordnung betroffen ist und was konkret zu tun ist, findet hier kompakte Orientierung – bevor aus Unsicherheit teure Versäumnisse werden.

Pro Minute 18 Fußballfelder – so viel tropischer Regenwald verschwindet aktuell täglich auf unserem Planeten. 2024 wurde ein neuer Negativrekord erreicht: 67.000km² tropischer Primärwald gingen verloren, vor allem durch Waldbrände und großflächige Rodungen für die Soja-, Palmöl- und Rinderproduktion. Das Ausmaß ist dramatisch: Mit jedem Hektar schwindet der Lebensraum tausender Tierarten, das Klima destabilisiert sich, der CO2-Ausstoß steigt.

Besonders bedrohlich sind dabei die sogenannten ökologischen Kipppunkte. Wird im Amazonas oder anderen Großregionen eine kritische Entwaldungsgrenze überschritten, verlieren ganze Ökosysteme dauerhaft ihre Selbstheilungskraft. Der Regenwald könnte unwiederbringlich kollabieren – Wald wird zu Savanne, Wasserzyklen versiegen, das regionale und globale Klima gerät außer Kontrolle. Fachleute warnen: Wir nähern uns diesem Punkt rasant. Wirtschaftlich drohen gestörte Lieferketten, stark schwankende Rohstoffpreise und Milliardenverluste durch Klimaschäden.

 

Was ist die EUDR – und wen betrifft sie?

Mit der European Deforestation Regulation (EUDR), der sogenannten EU-Entwaldungsverordnung, zieht Europa deshalb Konsequenzen: Der Binnenmarkt soll künftig frei von Produkten werden, für deren Erzeugung Wälder zerstört wurden. Voraussichtlich ab dem 30. Dezember 2026 sind große und mittlere Unternehmen EU-weit verpflichtet, umfassende Sorgfaltspflichten einzuhalten. Weit mehr Betriebe als häufig angenommen sind betroffen: Nicht nur die klassischen Importeure von Rind, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja, Holz oder Kautschuk, sondern auch alle, die Derivate, verarbeitete Produkte oder Zwischenprodukte daraus weiterverarbeiten, exportieren oder verkaufen. Die EUDR betrifft also auch Branchen wie den Maschinenbau, die Automobilindustrie, Kosmetik, Verpackung und Textil.

 

Zentrale Fakten:

 

  • Die EUDR gilt voraussichtlich ab dem 30.12.2026 für große und mittlere Unternehmen, die EUDR-relevante Produkte in der EU einführen, exportieren, handeln oder bereitstellen und zwei der folgenden Kriterien erfüllen:
    • > 50 Mitarbeitende
    • > 10 Mio. € Umsatz
    • > 5 Mio. € Bilanzsumme
  • Es gibt keine Mengenschwellen: Schon Kleinstmengen sind relevant.
  • Für kleine Unternehmen beginnt die Pflicht voraussichtlich ab dem 30. Juni 2027.

 

Wald © ShutterStock (Zlikovec) Die EUDR kommt – das heißt, Unternehmen müssen vollständige Lieferkettentransparenz über die Herkunft aller EUDR-relevanten Rohstoffe sicherstellen.

Was genau fordert die EUDR von Unternehmen?

Unternehmen dürfen EUDR-pflichtige Rohstoffe und Waren künftig nur noch dann auf den EU-Markt bringen, wenn diese drei Bedingungen nachweislich erfüllt sind:

1. Entwaldungsfreiheit: Die Rohstoffe dürfen nicht von Flächen stammen, die nach dem 31.12.2020 entwaldet oder degradiert, also in ihrer biologischen Vielfalt oder ihren Ökosystemdienstleistungen stark eingeschränkt wurden.

2. Legalität: Die Erzeugung muss den einschlägigen Gesetzen des Ursprungslands entsprechen.

3. Sorgfaltserklärung: Bevor ein Produkt auf den Markt gebracht wird, muss eine Due-Diligence-Prüfung erfolgen, deren Details in einer digitalen Sorgfaltserklärung an das EU-System zu melden sind.

 

Das heißt in der Praxis:

  • Unternehmen müssen vollständige Lieferkettentransparenz über die Herkunft aller EUDR-relevanten Rohstoffe sicherstellen – inklusive exakter Geolokalisierungsdaten zu jedem jeweiligen Anbaugebiet.
  • Es ist regelmäßig zu bewerten und zu dokumentieren, ob irgendwo in der Lieferkette ein Entwaldungsrisiko besteht und wie dieses durch Präventionsmaßnahmen minimiert wird.
  • Alle Nachweis- und Dokumentationspflichten müssen vor Markteintritt ermittelt, aufbewahrt und regelmäßig aktualisiert werden.
  • Unternehmen, die heute schon CSRD-pflichtig sind, können das EUDR-Reporting in Teile ihrer Nachhaltigkeitsberichte integrieren.

Aktuelle politische Diskussion zur EUDR (Stand 01.10.2025)

Am 23. September 2025 kündigte EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall eine erneute Verschiebung der EUDR um ein Jahr auf Ende 2026 an. Die Verschiebung muss noch durch Parlament und Rat genehmigt werden, gilt jedoch als wahrscheinlich, da die EVP-Fraktion bereits Unterstützung signalisiert hat. Eine endgültige Entscheidung wird bis Dezember 2025 erwartet. Um keine Risiken einzugehen, sollten Unternehmen weiterhin ihre EUDR-Compliance-Vorbereitungen fortsetzen, bis eine offizielle Entscheidung über die Verschiebung gefallen ist. Aufgrund der Komplexität der Anforderungen und des hohen Implementierungsaufwands empfiehlt es sich auch bei einer Verschiebung der Richtlinie, die gewonnene Zeit für die Umsetzung zu nutzen und das Vorhaben nicht auf die lange Bank zu schieben. 

 

Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?

Die Umsetzung der EUDR bringt Herausforderungen, insbesondere für mittelständische Unternehmen. Externe Unterstützung kann in verschiedenen Formen hilfreich sein:

  • Prozesse und Risikoanalyse: Externe Beratung unterstützt beim Aufbau von Due-Diligence-Prozessen, inkl. Risikoanalysen, Lieferantenfragebögen und Prozessintegration in bestehende Compliance-Strukturen.

  • IT-Lösungen: Digitale Tools erleichtern Datenerfassung, Lieferantenkommunikation und Berichtserstellung. Allein reichen sie jedoch nicht – Risikobewertungen, Lieferantenprüfungen und die Integration von Nachhaltigkeitskriterien erfordern menschliches Urteilsvermögen sowie enge Zusammenarbeit über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg.

  • Weiterbildung und Schulung: Qualifizierte Seminare, Webinare und spezifische Trainings bereiten Fachabteilungen, Einkauf und Compliance gezielt auf die neuen Anforderungen vor.

 

 

Weiterführende Links:

Sie wollen wissen, ob Sie von der EUDR betroffen sind? Oder suchen Unterstützung beim Aufbau transparenter Lieferketten und der Entwicklung passender Risikomanagementprozesse bis hin zur Schulung von Mitarbeitenden? Wir kennen erfahrene Expertinnen und Experten, die Ihnen gern zu Seite stehen. Mehr erfahren

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Paul Endres
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