So kommen Sie ohne Winterblues durch die dunkle Jahreszeit

Mit Antriebslosigkeit, Müdigkeit und trüben Gedanken kämpfen viele Menschen im Winter. Wir gehen dem kollektiven Stimmungstief auf den Grund und geben Tipps, wie Sie auch ohne Winterblues durch die dunkle Jahreszeit kommen.
Klirrende Kälte, klare Luft und knirschender Schnee – in TV-Schnulzen ist der Winter ein Traum. Die Realität dagegen: grau, nass, ungemütlich. Wir gehen im Dunkeln zur Arbeit und kommen im Dunkeln heim. Dazwischen: Nieselregen, Schneematsch, kalte Finger und noch kältere Füße. Nach Feierabend noch losziehen und Freunde treffen? Och, nö! Lieber aufs Sofa, Decke über den Kopf und schlafen, schlafen, schlafen. Wer das Stimmungstief im Bekanntenkreis anspricht, merkt schnell: Der Winterblues-Club ist groß. Zwischen Oktober und Februar, so scheint es, schlägt uns die dunkle Jahreszeit kollektiv aufs Gemüt.
Die Ursachen für den Winterblues sind noch nicht abschließend erforscht. Vermutlich führt ein Mix aus verschiedenen Faktoren dazu, dass sich unsere Laune verdüstert, sobald die Tage kürzer werden.
Ursachen für den Winterblues
1. Lichtmangel
Das fehlende Licht gilt als hauptverantwortlich für den Blues und die Müdigkeit im Winter. Der Grund ist in unserem Hormonhaushalt zu finden: Tageslicht fördert die Produktion von Serotonin, auch bekannt als Glückshormon. Im Winter sind die Tage kürzer und dunkler – die Serotoninproduktion sinkt. Die Folge: Wir fühlen uns niedergeschlagen und energielos, selbst bei ausreichend Schlaf.
2. Energiesparmodus
Ein Team um den Berliner Schlafmediziner Dieter Kunz hat herausgefunden, dass wir in der kälteren, dunklen Zeit anders funktionieren als im Sommer. Nicht nur Tiere, sondern auch der menschliche Körper schaltet demnach in einen „Winterschlaf light“, um Energie zu sparen. Wir brauchen mehr Schlaf, obwohl das evolutionär nicht mehr nötig wäre.
3. Jahresend-Melancholie
„Es ist normal, dass sich manche Menschen im Winter mehr in ihre eigenen vier Wände zurückziehen und melancholischer sind“, sagt Professor Ulrich Hegerl von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Die Erkenntnis, dass schon wieder ein Jahr vergangen ist, lässt uns ins Grübeln kommen. Grund zur Sorge ist das jedoch nicht. „Das ist Teil unseres Lebens und hat nichts mit einer Depression im medizinischen Sinne zu tun“, beruhigt Psychiater Hegerl.
Sie sehen alles nur noch grau? So hat der Winterblues keine Chance: Tageslicht tanken, in Bewegung bleiben, richtig essen, gut schlafen und positive Erlebnisse schaffen © GettyImages / Wirestock
Was tun bei Winterdepression?
Die Symptome des winterlichen Stimmungstiefs sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt. Der ganz typische Wunsch, sich daheim einzuigeln und den eigenen, oft trüben Gedanken nachzuhängen, ist ok – solange wir trotzdem noch mit Genuss vom Plätzchenteller naschen und Freude empfinden können, etwa über die ersten Schneeflocken des Jahres. Aufmerksam werden sollten Betroffene und Angehörige jedoch, wenn die Symptome über mehrere Winter hinweg langanhaltend und massiv auftreten. Dann ist es ratsam abzuklären, ob eventuell eine saisonal abhängige Depression (SAD) oder gar eine klassische Depression vorliegt. „Wenn man merkt, dass man sich völlig verändert, dass man verzweifelt und hoffnungslos ist und sich vielleicht auch finstere Gedanken bis hin zu Suizidgedanken einstellen, dann wird es höchste Zeit zum Arzt zu gehen, wie bei jeder schweren Erkrankung“, so Depressionsexperte Ulrich Hegerl.
Was hilft gegen den Winterblues?
Die gute Nachricht: Hilflos ausgeliefert sind wir dem Winterblues nicht. Denn wir können das Wissen um die Körperchemie auch nutzen, um unser Glücksempfinden auf Touren zu bringen.
1. Tageslicht tanken
Nix wie raus und Sonnenlicht sammeln, um die Serotonin-Produktion anzukurbeln. Empfohlen sind mindestens 30 Minuten täglich – das funktioniert auch, wenn es bedeckt ist. Dabei immer wieder in den Himmel schauen. Lichttherapielampen können zusätzlich unterstützen. Solarien hingegen helfen nicht, da das Licht auf die Netzhaut treffen muss.
Nicht eindeutig geklärt ist, ob es einen Zusammenhang zwischen dem häufig in den dunkleren Monaten auftretenden Vitamin-D-Mangel und Winterdepressionen gibt. Eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung ist aber auf jeden Fall sinnvoll, weil sie auch wichtig für Knochen und Immunsystem ist.
2. In Bewegung bleiben
Sport setzt Botenstoffe wie Serotonin und Dopamin frei, die unsere Stimmung heben. Am besten ist Bewegung im Freien – dann ist die Tageslichtdusche gleich inklusive.
3. Sich glücklich essen
Tatsache: Wir können uns glücklich futtern. Lebensmittel wie Nüsse, Haferflocken, Eier oder Quinoa enthalten Tryptophan – ein Baustein, den der Körper braucht, um Serotonin zu bilden.
4. Gut schlafen
Auch wenn es sich manchmal anders anfühlt: Zu viel Schlaf kann kontraproduktiv sein. „Bei vielen Betroffenen kann früheres Zubettgehen und längeres Liegenbleiben am Morgen depressionsverstärkend wirken“, so Professor Ulrich Hegerl. „Schlafentzug ist eine etablierte Behandlung der Depression.“ Ein Schlaftagebuch hilft, den eigenen Rhythmus zu finden.
5. Positive Erlebnisse schaffen
Pläne schmieden, Freunde treffen, gemeinsam lachen – das hebt die Stimmung. Denn wir Menschen sind soziale Wesen und in der Gesellschaft von anderen geht es uns besser. Genauso sorgen Berührungen dafür, dass unser Körper Glückshormone freisetzt, zum Beispiel beim Kuscheln oder wenn wir ein geliebtes Haustier streicheln. Die Wirkung: Unsere Herzfrequenz sinkt, die Muskeln entspannen sich – und der Winter da draußen kann uns mal gernhaben.
Hilfe bei Depression
Bei Verdacht auf eine Depression ist ärztlicher Rat wichtig.
Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige:
- Hausarzt oder Hauärztin, Psychiater, Psychotherapeutin
- Info-Telefon Depression: 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
- www.deutsche-depressionshilfe.de ⭷
- Sozialpsychiatrische Dienste der Gesundheitsämter
- Online-Forum: www.diskussionsforum-depression.de ⭷
- Für Angehörige: www.bapk.de ⭷, www.familiencoach-depression.de ⭷

